Plötzlich Ärztin! Erfahrungsbericht einer Assistenzärztin in der Unfallchirurgie
Eine junge Ärztin, berichtet über Ihre erste Zeit in der Unfallchirurgie. Zusätzlich gibt sie hilfreiche Tipps, um die ersten Dienste und Monate in einem Krankenhaus gut zu meistern.
Da denkt man, man hätte die größte Herausforderung nämlich das Studium inklusive diverser Staatsexamen hinter sich. Schon wartet eine noch viel Größere: die Anfänge der Assistenzarztzeit.
Ich trat zum 1. Juli 2019 meine erste Assistenzarztstelle in der Unfallchirurgie in einem mittelgroßen Krankenhaus in Köln an. Ich kannte dieses bereits aus meinem Chirurgie-Tertial im praktischen Jahr. Dennoch war der letzte Besuch gut ein halbes Jahr her und die Aufregung war groß.
Der erste Tag ging schnell vorbei und war voller neuer Gesichter, technischer Einweisungen sowie Organisation von Telefon, Passwörtern und Kleidung. Das „Sich-Vorstellen“ und „Erklären, wer man ist“, würde auch noch einige Wochen anhalten und ist am Anfang tatsächlich eine der wichtigsten Aufgaben. Es liefert die Grundlage für jedwede weitere Kommunikation im Alltag, in Diensten und auch in Notfällen. Lieber stellt man sich einmal zu viel als einmal zu wenig vor. Zudem erlaubt es einem, die Strukturen im Team und auf den verschiedenen Stationen und Funktionsbereichen besser einzuschätzen. Man merkt schnell, wer lieber geduzt oder gesiezt werden möchte. Wer Wert auf einen eher formelleren oder lockeren Umgang legt. Dabei sollten Position oder Funktion keine Rolle spielen. Denn besonders am Anfang ist man über jedes Lächeln und jeden Tipp froh und selbst eine Schülerpraktikantin kann dir manchmal den entscheidenden Hinweis in der Notaufnahme geben.
Zeit ist ein rares Gut.
Die ersten Wochen vergingen wie im Flug. Viel Zeit für Einarbeitung gab es nicht. Wie in den meisten Häusern, war das Team eher unterbesetzt. Dennoch hatte ich das große Glück, nette pflegerische und ärztliche KollegInnen zu haben, die man stets um Rat fragen konnte. Allerdings galt auch hier immer die Divise, Freundlichkeit und Vorbereitung sind das A und O. Zeit ist ein rares Gut im Krankenhaus und so sollte man sich immer, bevor man egal wen, ob die Stationsschwester oder die Oberärztin, behelligt oder anruft, sich einmal kurz darüber Gedanken machen, was ist eigentlich meine konkrete Frage.
Vielleicht hat man am Ende des Tages sogar die Chance, sich dafür zu revanchieren, z. B. mit einer Blutabnahme, die noch erledigt werden muss, oder einem eigentlich immer notwendigen Kaffee. Kollegialität und ein balanciertes Geben und Nehmen zahlen sich immer aus und lassen den Stress im Krankenhaus deutlich besser verkraften.
Aus der anfänglichen Aufregung wurde schließlich mehr und mehr Alltag. Stück für Stück wächst man mit seinen Aufgaben. Dass man dabei vor allem am Anfang noch länger braucht und auch mal Fehler macht, ist ganz normal. Wichtig ist, dass man offen darüber spricht, damit man die Fehltritte wieder korrigieren und daraus lernen kann.
Strukturen schaffen!
Um meinen Alltag am Anfang besser zu strukturieren und um bei den neuen und vielfältigen Aufgaben den Überblick zu behalten, halfen mir Übersichts-Listen. Wichtige Fragen waren dabei jeden Morgen:
- Welche Untersuchungen/Aufgaben wurden bei der Visite genannt und müssen angemeldet werden, z. B. Röntgen, Ultraschall?
- Müssen heute Blutentnahmen gemacht werden und deren Ergebnisse auch kontrolliert werden?
- Welche Entlass-Briefe müssen für den Folgetag vorbereitet werden?
- Sind Neuaufnahmen sind gekommen?
- Sonstiges, z. B. Reha-Anträge, Atteste, etc.
Mit der Zeit wurde ich schneller und routinierter, und so kam es, wie es kommen musste. Nach knapp drei Monaten stand der erste Nachtdienst an. Trotz vieler beruhigender Worte netter KollegInnen war die Anspannung groß. Ich speicherte wichtige Nummern meiner Oberärzte, obwohl ich wusste, dass sie sicher an der Krankenhauszentrale hinterlegt waren; las bei ‚Amboss‘ die wichtigsten Themen nochmal nach und fragte erfahrenere KollegInnen, ob ich sie im Zweifel als Backup bei WhatsApp nerven dürfte.
Der erste Nachtdienst
Letztendlich war der erste Nachtdienst nur halb so wild und diese nicht wirklich hilfreichen Vorbereitungen wären absolut nicht nötig gewesen. Tatsächlich ist die alltägliche Arbeit auf Station oder in der Notaufnahme bereits die beste Vorbereitung. So kommen nachts fast immer die gleichen, bekannten Fälle vor wie auch tagsüber und nur ganz selten gibt es Überraschungen. Und für eben diese Fälle gibt es ja zum Glück den oberärztlichen Hintergrund. An dieser Stelle sollte auch keine falsche Scheu herrschen. Lieber man fragt einmal zu viel, als einmal zu wenig. Und besonders als Anfänger hat man jedes gute Recht dazu, nachzufragen. Dafür werden die Oberärzte schließlich bezahlt und man befreit sich selbst, von der vielleicht noch etwas zu großen Verantwortung. Dieser Gedanke beschwichtigt vielleicht etwas die anfängliche Verlegenheit.
Der Anruf um halb drei nachts
Dennoch ist es wichtig, besonders, wenn der Anruf um halb drei nachts erfolgt, dass man sich einen kurzen Moment Zeit nimmt und gut vorbereitet ist. So sollte man sich vorher fragen:
Ist eine ausreichende Anamnese erfolgt? Kenne ich die Vorerkrankungen und Medikamente des Patienten? Was ist die Verdachtsdiagnose? Liegen alle Befunde vor (Blutwerte, Ultraschall etc.)? Wie wäre mein Vorschlag für das weitere Prozedere? Welche Fragen müssen heute Nacht unbedingt noch geklärt werden und welche können bis zum nächsten Tag warten?
Mit einer guten Vorbereitung kann so mancher grummeliger Oberarzt besänftigt werden, besonders, wenn er oder sie merkt, dass man sich bereits Gedanken über den Fall gemacht hat.
Mit diesen kleinen selbst auferlegten Regeln und Tricks habe ich die ersten Monate und Dienste in der Unfallchirurgie gut überstanden. Aus der anfänglichen Unsicherheit wurde zunehmend Routine, auch wenn diese, besonders am Anfang, noch mit Vorsicht zu genießen ist.
Nach nun zwei Jahren in der Unfallchirurgie blicke ich gerne auf die Anfangszeit zurück. Auch wenn es oft anstrengend war und manchmal Nerven kostete, lernte ich enorm viel und konnte selber an den Herausforderungen wachsen.
Eine junge Assistenzärztin berichtet über Ihre erste Zeit als Assistenzärztin in der Unfallchirurgie – Wie können Sie sich zusätzlich vorbereiten?
Neben den alltäglichen Herausforderungen auf Station stehen Sie auch einigen formalen Herausforderungen gegenüber. Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Sie bei der Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit zu unterstützen. Dafür bieten wir für Medizinstudierende im Praktischen Jahr und junge Berufseinsteiger*innen unser Berufsstarter Seminar an.
Für Interessierte, die gerne in den Grundlagen der ärztlichen Haftung geschult werden möchten bieten wir darüber hinaus ein eigenes Arzthaftungs-Seminar. Dort erläutert Ihnen ein Fachanwalt für Medizinrecht die Grundlagen der Arzthaftung. Zudem haben wir einen komprimierten Fachartikel verfasst: Fachartikel Arzthaftung
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